25 Jahre KZV-Patientenberatung
Die Patientenberatung der KZV Berlin feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat das von der Zahnärztekammer Berlin herausgegebene Magazin für die Berliner Zahnärzteschaft (MBZ) in seiner Novemberausgabe einen Beitrag dazu publiziert. Im folgenden finden Sie den Beitrag ungekürzt.
10. November 2025
In eigener Sache
Erste Anlaufstelle bei Fragen zur Mundgesundheit
Freundlich, empathisch, verständnisvoll, nachvollziehbar, professionell – so und ähnlich beschreiben viele Menschen ihre Erfahrungen, die sie im Laufe der Jahre mit der Patientenberatung der Berliner Zahnärzte, einem Service der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Berlin, gemacht haben. Das im Jahr 2000 gemeinsam mit der Zahnärztekammer (ZÄK) Berlin gestartete Projekt feiert sein 25-jähriges Jubiläum und hat sich als
erste Anlaufstelle etabliert, wenn es darum geht, zu einem Aspekt der Mundgesundheit eine unabhängige Einschätzung oder Information zu erhalten. Vier Mitarbeiterinnen kümmern sich am Telefon und sieben Zahnärztinnen und Zahnärzte im Wechsel persönlich im Zahnärztehaus in Berlin-Halensee um die Anliegen der Patienten.
Dr. Bianca Göpner-Fleige ist Beauftragte des KZV-Vorstandes für die Patientenberatung. Sie steht donnerstags für medizinische Fragestellungen am Telefon zur Verfügung und übernimmt ab und an die persönliche Beratung. Bei der Frage nach den Besonderheiten der Berliner KZV-Patientenberatung muss sie nicht lange überlegen: „Zum einen ist es das hoch qualifizierte Personal, das unsere Patientenberatung auszeichnet. Das Team besteht aus aktiv tätigen Zahnärzten in freien Praxen, die vor allem für zahnmedizinische Fragestellungen da sind, und aus ausgebildeten Zahnarzthelferinnen für alle Fragen drumherum, wie zur Abrechnung. Regelmäßige interne Fortbildungen sind selbstverständlich. Zum anderen berät dieses Team neutral, kostenlos und vertraulich, und das uneingeschränkt zu allen zahnmedizinischen und kieferorthopädischen Fragestellungen. In Berlin findet man das so nicht noch einmal.“
Acht von zehn Patienten, die zur Beratung erscheinen, haben über das Internet von dem Angebot erfahren. Beraterin Christina Wieting: „Meist geht
es um spezielle Fragen zur Mundgesundheit, eine bevorstehende Entscheidung für oder gegen eine geplante Behandlung oder um Schwierigkeiten
mit einer begonnenen oder schon beendeten Therapie. Wir klären Patienten dann auf, geben Entscheidungshilfen, telefonieren auch schon mal mit der behandelnden Praxis.“ Wenn es darum gehe, Betroffene sachkundig durch einen bestimmten Prozess zu schleusen, habe die Patientenberatung eine Art Lotsenfunktion.
„Unser Anliegen im Vorfeld einer geplanten Therapie ist immer, dass Hilfesuchende nach dem Termin bei uns verstanden haben, was genau die
behandelnden Zahnärzte medizinisch planen, und warum. Wir wollen, dass Patienten sich bei ihrem nächsten Zahnarztbesuch sicherer fühlen, weil
sie dann eigenverantwortlich mitreden und mitentscheiden können“, ergänzt Beraterin Simone Conrad.
Strukturierte Auswertungen ermöglichen vergleichende Aussagen
Um die verschiedenen bis dahin existierenden zahnmedizinischen Beratungsaktivitäten der Selbstverwaltung besser zu strukturieren und in einen überregionalen Rahmen zu stellen, starteten 2013 Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) das Projekt „Patientenorientierte Weiterentwicklung der zahnärztlichen Patientenberatung“. Das wichtigste Ziel des Projektes ist eine stärkere Ausrichtung der Beratungsaktivitäten auf die speziellen Bedürfnisse der Patienten.
Seit 2016 erfassen die Patientenberatungsstellen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und regionalen Zahnärztekammern nach und nach ihre Beratungsaktivitäten mit einer bundesweit einheitlichen webbasierten Software. Diese vereinheitlichte Datenerfassung der regionalen Beratungsstellen, ermöglicht bundesweite wissenschaftliche Auswertungen zum Beratungsgeschehen in Deutschland, bis 2019 durch das Zentrum für Zahnärztliche Qualität (ZZQ) und seit 2020 durch das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ). Seit 2017 gibt es auch regionale Auswertungen
zu den einzelnen Beratungsstellen.
Hohes Niveau bei Beratungen und Themen, Kontakte meist telefonisch
Für die Patientenberatung der KZV Berlin zeigen diese Auswertungen, dass von 2017 bis 2024 die Gesamtzahl der Beratungskontakte (um 4.000 pro Jahr) und der Themen (unter 4.000 bis über 5.000 pro Jahr) auf hohem Niveau in etwa konstant geblieben ist. Drei von vier Beratungen erfolgten 2024 am Telefon; die persönlichen Beratungen liegen seit 2020 konstant zwischen 400 und 500 pro Jahr.
Ein wichtiges Ziel der Patientenberatung ist die Stärkung des Vertrauens zwischen Patient und Behandler. „Die Patientenberatung greift dabei nicht in die Therapiefreiheit einer behandelnden Zahnärztin ein. Im Gegenteil: Häufig wirkt die Beratung gerade in schwierigen Situationen deeskalierend“, sagt Göpner-Fleige und gibt als Beispiel, dass eine Patientin bei ihrem Zahnarzt den Ablauf einer Wurzelkanalbehandlung nicht genau verstanden hat. In der Beratung werden die einzelnen Therapieschritte erklärt und die Patientin kann so besser nachvollziehen, welche Maßnahmen ihr Zahnarzt konkret ergriffen hat oder noch ergreifen möchte.
Zahnmedizinische Verfahren, Patientenrechte und Adressen
Die drei wichtigsten Themenkomplexe seit 2016 sind „Zahnmedizinische Verfahren und Maßnahmen“ (Prophylaxe, Früherkennung, Diagnostik
oder Therapie) mit 41 Prozent, „Kosten- und Rechtsthemen“ mit 32 Prozent und „Adressen, Verbraucherinformationen, Bonusheft˝ mit 26 Prozent
„Durchführung und Ablauf zahnmedizinischer Verfahren“, die „Patientenrechte“ und „Adressanfragen von Zahnärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern“ sind die am häufigsten angefragten Einzelinformationen.
Unter den angefragten zahnmedizinischen Leistungsbereichen ist mit weitem Vorsprung der Zahnersatz der wichtigste, gefolgt von der Konservierenden Zahnheilkunde und der Chirurgie/Implantologie.
Die Patientenberatung der KZV Berlin hat zunächst einen allgemeinen zahnmedizinischen Teil. Dabei geht es häufig um Fragen wie „Welche Füllung ist für mich die richtige?“ oder „Ist die Abrechnung der Zahnärztin korrekt?“ oder es geht um eine Bitte nach einer zweiten Meinung zu einem Plan für eine anstehende Behandlung. Daneben gibt es eine kieferorthopädische Beratung. Fragen von Eltern kieferorthopädisch betreuter Kinder oder Jugendlicher drehen sich oft um die Kostenerstattung durch Krankenkassen und die Notwendigkeit von festen oder herausnehmbaren Geräten.
Manche Anrufer benötigen ganz besonderes Einfühlungsvermögen
Der Beratungsalltag ist nicht immer einfach. „Es gibt immer wieder auch aggressive Patienten. Wir wurden schon beschimpft, für inkompetent erklärt und angebrüllt. Wir stellen dann klar, dass wir das Gespräch beenden, wenn der Ton sich nicht ändert“, sagt Beraterin Kerstin Strauch. Im Großen und Ganzen sei der Umgang von Patientenseite her aber fair und rücksichtsvoll.
Manchmal hätten Anrufer zunächst zwar durchaus eine zahnmedizinische Frage, würden dann aber schnell vom Thema abweichen. „Das sind Menschen die wollen einfach nur reden. Wir hören dann zunächst zu und versuchen später irgendwie zum eigentlichen Thema zurückzuführen. Das ist nicht immer einfach“, so Strauch.
Berliner konsultieren deutlich häufiger zuerst die KZV-Beratung
Das IDZ liefert zudem Auswertungen über alle teilnehmenden Stellen hinweg und ermöglicht so einen Vergleich mit dem Schnitt auf Bundesebene. In der aktuellen Auswertung fällt auf, dass in Berlin in fast allen Fällen die KZV-Beratung erste Anlaufstelle zum Hauptanliegen ist, im Bundesschnitt ist das die jeweilige Beratungsstelle nur in etwa drei von vier Fällen. Deutlich höher sind in Berlin auch die Anteile der Kontaktaufnahmen zu zahnmedizinischen Verfahren und der persönlichen Beratung.
Umgekehrt ist der prozentuale Anteil der kontaktaufnehmenden Privatversicherten in Berlin erheblich geringer als im Bundesschnitt. Das gleiche gilt für vermutete Behandlungsfehler als Grund für die Kontaktaufnahme und die Kontaktaufnahme wegen einer Beschwerde.
Patientenberatung trifft keine gutachterlichen Aussagen
Einer Patientin, die sich im Vorfeld einer Behandlungen zum Beispiel zur Eingliederung von Zahnersatz eine Zweitmeinung zu einem Heil- und Kostenplan einholen will, hilft die Patientenberatung mit Erklärungen zur vorgesehenen Therapie und Vorschlägen zu möglichen Alternativen und ihren Kosten.
Patienten dagegen, die Probleme mit einem bereits eingegliederten Zahnersatz haben, bei dem die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen ist, verweist die Patientenberatung an ihren Zahnarzt oder ihre Krankenkasse, da die Beratungsstelle keine gutachterlichen Aussagen trifft. Bei Rechnungen zu Heil- und Kostenplänen prüft sie nur deren sachlich-rechnerische Richtigkeit, den Eigenanteil, die Material- und Laborkosten. Sie beurteilt dagegen nicht den Behandlungsablauf. Auch bei Privatrechnungen beurteilt sie nicht die medizinische Angemessenheit, sondern nur die der Kosten.
Andere Beratungsstellen haben anderen Fokus oder Finanzierung
Die Patientenberatung der KZV Berlin hat nur einen Fokus: die zahnmedizinische und kieferorthopädische Versorgung der Hauptstadt. Innerhalb dieser Bereiche gibt sie Hilfestellungen zum ganzen Spektrum. „Es gibt keine Frage, die Patienten dazu nicht stellen können oder kein Problem, das wir nicht mit ihnen diskutieren würden. Damit sind wir gleichermaßen spezialisiert und generalistisch unterwegs“, sagt Göpner-Fleige. Es gebe andere Patientenberatungen, die zum Beispiel ausschließlich beim Thema Zahnersatz unterstützten. Die KZV-Patientenberatung ist eine freiwillige Einrichtung der Berliner Zahnärzte, die von diesen auch finanziert wird und seit ihrer Gründung schon vielen Patientinnen und Patienten in schwierigen zahnmedizinischen Situationen weitergeholfen hat.
Unter den Verbraucherzentralen bieten nur die in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein eine spezielle zahnärztliche Beratung, dort in Kooperation mit den Landeszahnärztekammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen.
Die bundesweit agierende Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (Stiftung UPD) erteilt im Gegensatz zur Patientenberatung der KZV Berlin keine Zweitmeinungen, zum Beispiel zu Heil- und Kostenplänen. Auch prüft sie keine Rechnungen. Sie wird vom GKV-Spitzenverband über eine Umlage durch die Beitragszahler finanziert. Die private Krankenversicherung beteiligt sich freiwillig.
Der Beratungsbedarf wird vermutlich zunehmen
Neun von zehn Problemen von Patientinnen oder Patienten konnte die Berliner Patientenberatung im Jahr 2024 ohne Unterstützung durch andere Stellen lösen. Wenn doch verwiesen wurde, ging das zumeist an eine Fachabteilung der KZV Berlin (26 Prozent), an einen Gesundheitsdienstleister, zum Beispiel eine Zahnarztpraxis (23 Prozent), oder an die ZÄK Berlin (21 Prozent). Gelegentlich kommen Beratungsanfragen nicht aus Berlin, sondern aus einem anderen Bundesland. „Wir nehmen die Gespräche natürlich trotzdem an und beraten, wie wir es gewohnt sind“, sagt Strauch.
Für die Zukunft erwarten die Berliner Patientenberaterinnen „vor allem mehr unaufgeklärte Patienten“, vermutet Göpner-Fleige. „Die Praxen haben leider immer weniger Zeit für Beratungen. Patienten wollen aber beim Zahnarzt einbezogen werden; sie wollen verstehen, mitreden und an der Entscheidung teilhaben. Deshalb suchen sie sich ihre Informationen immer mehr an allen möglichen Stellen im Netz. Wir haben da zwar kein Quantitäts-, aber eventuell ein Qualitätsproblem.“ Daher seien wohl künftig die Patientenberatungen noch mehr gefragt, wenn es darum gehe, fachlich korrekte, individuell passende Informationen zu liefern. Die Kompetenz von Dr. Google ende oft am konkreten Fall. „Und spätestens dann kommt die Patientenberatung ins Spiel“.